04. Juni 2008: Bewegung ist Schlüssel zum schulischen Lernerfolg

„Faul macht dumm. Und Trägheit schadet auch der geistigen Gesundheit“ – diese provokante Analyse des deutschen Wochenmagazins „Der Spiegel“ stand am Beginn des SPORT:DIALOGs zum Thema „Hat die ‚Zukunft der Schule‘ ohne Bewegung Zukunft?“. Im Haus des Sports diskutierten die deutsche Sport- und Bewegungsexpertin Prof. Dr. Ulrike Ungerer-Röhrich (Uni Bayreuth) sowie Bewegungserziehungsexperte Dr. Sepp Redl (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur) und Dr. Martin Molecz vom Verband der Bewegungs- und Sportlehrer (VdLÖ) mit zahlreichen Lehrer- und Elternvertretern sowie Sportverantwortlichen.

Zum Thema diskutierten: Dr. Molecz vom Verband der Bewegungs- und Sportlehrer, Bewegungserziehungsexperte des BM:UKK Dr. Redl und Sport- und Bewegungsexpertin Prof. Dr. Ungerer-Röhrich (C) HBF / Livio Srodic 

In einem Punkt waren alle einer Meinung: Bewegung und Sport ist der Schlüssel zur Gesundheit und zum schulischen Lernerfolg unserer Kinder und Jugendlichen. Die Familie, der Kindergarten und die Schule spielen dabei als Vermittler von Bewegungslust eine zentrale Rolle. Bewegung muss für unsere Kinder und Jugendlichen wieder Teil des Alltags werden. Gerade im Bereich der Kindergärten und Volksschulen gibt es großen Handlungsbedarf, daher hat die Bundesregierung ein „Bewegungspaket“ verabschiedet, das sich derzeit in Ausarbeitung befindet. Insgesamt stehen für Bewegung und Sport in der Schule ab Herbst seitens des Sportstaatssekretariats 3,6 Millionen Euro zur Verfügung. Die Politik kann hier die Rahmenbedingungen schaffen, es sind aber alle relevanten Partner – Schulen, Verbände und Vereine – aufgefordert, in den Kindergärten und Schulen, in den Vereinen und in der Familie aktiv zu werden. Es ist fünf vor 12, um endlich etwas für die Gesundheit unserer Kinder zu bewegen. Das haben uns zahlreiche nationale und internationale Studien vom Adipositas- bis hin zum PISA-Bericht klar aufgezeigt.

"Um unsere Kinder optimal födern zu können, müssen wir ihre Talente und Fähigkeiten in den Vordergrund rücken und zu "Schatzsuchern" werden" (C) HBF / Livio Srodic 

In den Vorträgen von Prof. Dr. Ulrike Ungerer-Röhrich, Leiterin der Abteilung Sportdidaktik, Sportpädagogik, Sportpsychologie und Sporttherapie am Institut für Sportwissenschaften der Universität Bayreuth, sowie Dr. Sepp Redl und Dr. Martin Molecz wurde der Ist-Zustand im Bereich Schule und Sport dargelegt, und über Entwicklungsmöglichkeiten gesprochen. Prof. Dr. Ungerer-Röhrich betonte bei den Ausführungen ihrer Erfahrungen, was die Umsetzung der Bewegungsaktivierung betrifft, dass es im Schulbereich ein Umdenken vom problemorientierten Zugang zu einem lösungsorientierten Ansatz kommen muss. Denn die Ursachen, Probleme und Folgen von Bewegungsarmut sind vielfach dokumentiert. Wenn wir die Kinder fördern wollen, müssen wir vor allem ihre Talente und Fähigkeiten, also ihre Schätze in den Vordergrund rücken. Bildungs- und Bewegungsverantwortliche müssen zu „Schatzsuchern“ werden, die die Stärken der Kinder suchen und fördern. Der mahnende Fingerzeig allein führt noch zu keinem Umdenken, sondern das Angebot von spielerischen Bewegungsmöglichkeiten, die auf die individuellen Probleme der Kinder und Jugendlichen eingeht und sie dort abholt, wo sie körperlich sind.  

Im Anschluss an die Statements der Referenten fand eine ausführliche Diskussion mit Vertretern vom Schach- bis zum Skiverband sowie mit Lehrervertretern statt. Es gibt noch Hürden zu überwinden, aber die Bereitschaft, etwas für unsere Kinder tun zu müssen, wurde klar bestätigt. Seitens der Politik sind wir aufgerufen, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen. In den Volksschulen muss im Sportbereich vom Klassenlehrer- zum Fachlehrerprinzip übergegangen werden. Klar ist auch, dass sich vor allem in der Ausbildung unserer Pädagogen und -innen etwas ändern muss. Mein Wunsch wäre eine gemeinsame Ausbildung von Kindergarten- und Volksschulpädagogen/innen im Bereich Bewegung und Sport. Und die Sportverbände dürfen sich nicht nur auf den Spitzensport, sondern auch auf den Breitensport konzentrieren. Es geht nicht darum, dass die Sportvereine die Aufgaben der engagierten Lehrer/innen und Pädagogen/innen übernehmen, sondern die Schule als Hort von qualifizierten Kräften dieser Aufgabe mit Unterstützung des Sports – Stichwort: ganztätige Betreuungsformen – nachkommt. Um eine Chance auf erfolgreiche Umsetzung zu haben, brauche ich die Unterstützung der Schulen und vor allem auch der Lehrerinnen und Lehrer, damit eine Schule mit Bewegung Zukunft hat.

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