Mit einem Gebet und der
Nationalhymne startete im „Kulturpalast des Traktorenwerkes“ in Minsk der
Parteitag der Belarussischen Christdemokraten (BCD) am 17. Dezember.
Zum 4. Mal versuchten die
Christdemokraten, dass ihre Parteitagsbeschlüsse zur Gründung einer Partei von
den staatlichen Stellen anerkannt werden. Bisher wurde ihnen das verwehrt.
Niemand weiß, welchen Ausgang das Verfahren dieses Mal nimmt.
Mir wurde die Ehre zuteil,
als erster Gastredner vor den 170 Delegierten das Wort zu ergreifen. Ich
richtete meine in weißrussisch und russisch gehaltene Rede zuerst an den zu
drei Jahren Arbeitslager verurteilten Vize-Parteiobmann Pavel Sieviavynets. Er
wurde nach der letzten Präsidentschaftswahl, an der auch ein BCD-Kandidat,
Vital Rimascheuski , teilgenommen hat, verhaftet. Die Europäische Volkspartei
hatte bei ihrem Kongress in Marseille Anfang Dezember eine Resolution
verabschiedet, in der sie auf die Verletzung von Menschenrechten und die
undemokratischen Verhältnisse in Belarus einging. Das zeigte ich auf und
versicherte den Delegierten, dass die europäischen Christdemokraten die BCD
unterstützen werden.
Sehr emotional wurde es am
Parteitag, als eine Grußbotschaft des inhaftierten Vize-Parteiobmanns
eingespielt wurde. Er rief die Delegierten auf, an die christdemokratischen
Werte zu glauben und auch persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, um für
Freiheit und demokratische Verhältnisse einzutreten. Die Partei solle die
Freilassung aller politischen Gefangenen vor den nächsten Wahlen verlangen.
Die Delegierten waren
einfache Menschen aller Altersgruppen. Es fiel jedoch auf, dass die
Organisation und Gestaltung des Parteitages in der Hand der Jugend lag.
Nach stundenlangen
engagierten Debatten endete der Parteitag mit einem Gebet und einem
anschließenden Konzert.
Die politischen
Repressalien waren rund um den Parteitag sichtbar. Einzelne Delegierte wurden
kurzzeitig festgenommen, andere bedroht und andere wiederum mehrfach verhört.
Das Konzert musste auch
abgebrochen werden, da plötzlich der Strom abgeschaltet und alle zum Gehen
aufgefordert wurden.
Am nächsten Tag traf ich
Vertreter von 6 Oppositionsparteien im Parteilokal der UCP. Der EVP gehören, die Partei der Belarussischen
Volkspartei (BPF) und die Vereinigte Bürgerpartei (UCP) als Beobachter an. Die Opposition
ist sich noch nicht sicher, ob sie bei den nächsten Parlamentswahlen antreten
oder diese „aktiv boykottieren“ wird,
wie sie es nennt.
Führende Parteimitglieder
sind zu mehrjährigen Arbeitslager oder Haftstrafen verurteilt. An freie, faire
und demokratische Wahlen glaubt zur Zeit niemand. Trotzdem engagieren sich
viele, vor allem Studenten, die über Internet und Facebook sehr gut vernetzt
sind.
Heute habe ich erfahren,
dass das Parteilokal der UCP mittlerweile von der weißrussischen Polizei
gesperrt ist und Vital Rimascheuski eine Stunde nach unserem Treffen verhaftet
wurde und niemand weiß , wo er zur Zeit inhaftiert ist.