9. August 2012: Schüssel war nie im Bärental!

Nachfolgendes Interview habe ich heute dem Standard gegeben.

STANDARD: Wie
würden Sie aus heutiger Sicht das Verhältnis zwischen Wolfgang Schüssel und
Jörg Haider beschreiben?

Lopatka: Das war
immer mit Spannungen versehen, dafür hat Haider gesorgt.

STANDARD: Aber
die beiden hatten doch ein ganz eigenes Verhältnis, man hat Schüssel lange Zeit
zugetraut, Haider zu „bändigen“.

Lopatka: Mich
ärgert das furchtbar, wenn, wie zuletzt im Standard, geschrieben wird, Haider
und Schüssel bildeten ein Tandem. Das stimmt doch nicht. Wenn es ein Tandem
gegeben hat, dann war es Schüssel mit Riess-Passer.

STANDARD: Die
Koalition zwischen ÖVP und FPÖ haben aber schon Schüssel und Haider eingehängt.

Lopatka: Das
schon. Aber es geht nicht ums Einhängen, sondern um die laufende Fahrt. Und die
laufende Arbeit ist immer wieder von Haider konterkariert worden. Schüssel war
auch nie bei Haider im Bärental, wie behauptet wird.

STANDARD: Es ist
damals über einen Geheimpakt Haider-Schüssel spekuliert worden. Schüssel hilft
Kärnten und sorgt dafür, dass das Land nicht bankrottgeht, dafür gibt es im
Bund Haiders Unterstützung.

Lopatka: Sie
können sich aber schon noch an Haider erinnern? „Bin schon weg, bin wieder
da, bin schon weg.“ Er war für niemanden greifbar, mit dem konnte man
keine Vereinbarungen schließen.

STANDARD: Das
endete dann in Knittelfeld. Aber zu Beginn waren Haider und Schüssel recht eng.

Lopatka: Die
beiden haben eine Koalition gebildet, aber Haider war nie in der Regierung. Er
hat dieser Koalition das Leben bei Gott nicht erleichtert. Aber erinnern Sie
sich zurück, an 2003, an das Spargelessen mit Gusenbauer. In Kärnten hat es
dann eine FPÖ-SPÖ-Koalition gegeben. Das wird jetzt völlig ausgeklammert. Und
diese Wandelanleihe, ohne die Kärnten damals angeblich bankrott gegangen wäre,
wer hat die ermöglicht?

STANDARD: Die SPÖ
unter ihrem Vorsitzenden Peter Ambrozy.

Lopatka: Genau.
Alle reden vom System Haider, das Schüssel ermöglicht hat. Das System Haider in
Kärnten wurde nach der Landtagswahl 2004 aber von der SPÖ gestützt.

STANDARD: Es
heißt, Schüssel war die Achse zu Haider wichtiger als die eigenen
Landesorganisationen, deshalb habe auch der Kärntner ÖVP-Chef Georg Wurmitzer
nicht mehr kandidieren dürfen.

Lopatka: Das ist
absolut unrichtig. Schüssel hat die ÖVP mit 27 Prozent übernommen, er hat sie
mit 34 Prozent übergeben. Das kann ich uns für die nächste Wahl nur wünschen.
Das hat Schüssel deshalb geschafft, weil er die Landesparteien eingebunden hat.
Ich kann mich an viele Sonntagabende erinnern, wo Schüssel die
Landesparteiobleute zusammengeholt hat – nicht nach Wien zitiert. Erwin Pröll,
Josef Pühringer, Herwig van Staa, die ließen sich nicht nach Wien zitieren, die
sind gekommen. Wir haben Entscheidungen durchsetzungsfähig gemacht, wo vorher
nicht klar war, ob wir das durchbringen.

STANDARD: War
Georg Wurmitzer einer, der sich nach Wien zitieren ließ?

Lopatka:
Wurmitzer ist als Kärntner Landesparteiobmann zu diesen informellen Runden
eingeladen worden, und er ist auch gekommen.

STANDARD:
Wurmitzer behauptet, Schüssel habe ihm die Wiederkandidatur untersagt, weil er
Haiders Wandelanleihe nicht mittragen wollte.

Lopatka: Das
schließe ich aus. Wurmitzer hatte die ÖVP von 20,7 Prozent auf 11,6 Prozent
heruntergefahren, es war den Kärtnern klar, dass es Konsequenzen geben muss. Zu
dieser Zeit hatte die Schüssel-ÖVP 42 Prozent.

STANDARD: Zu
dieser Zeit hatten auch die großen Malversationen in Wien begonnen, die jetzt
im Untersuchungsausschuss behandelt werden. Es ist schwer vorstellbar, dass Sie
oder Schüssel von all dem nichts mitbekommen haben.

Lopatka: Da sind
in einigen Bereichen Dinge passiert, da gibt es nichts zu beschönigen. Die sind
jetzt gerichtsanhängig. Der Hypo-Verkauf ist aber erst später passiert, nicht
unter Schwarz-Blau. Aber natürlich, es hat damals Vorfälle gegeben, wo man
heute den Kopf schüttelt.

STANDARD: Der
Buwog-Verkauf …

Lopatka: Das
beschäftigt jetzt die Gerichte, das wird auch politisch im Ausschuss
aufgearbeitet. Da hat es auch Konsequenzen gegeben. Was die
Parteienfinanzierung betrifft, wurde die Gesetzeslage eindeutig verschärft.

STANDARD: Noch
einmal: Sie haben damals nichts mitbekommen?

Lopatka: Ich war
damals Generalsekretär, wir waren damals so mit unseren Reformvorhaben
beschäftigt, sind von einer Sitzung in die nächste, das war ja nicht einfach,
das durchzubringen.

STANDARD: Sie
meinen, Sie hätten damals so viel zu tun gehabt, dass Sie die Malversationen
der Freiheitlichen nicht mitbekommen konnten?

Lopatka: Ich habe
von dem damals null, aber wirklich null mitbekommen.

STANDARD: Sie
waren als Generalsekretär auch für die Parteifinanzen verantwortlich. Da haben
Sie wirklich nichts mitbekommen? Schwer zu glauben …

Lopatka: Ich
frage mich nur: Wann, wie und wodurch hätte ich etwas mitbekommen sollen?

STANDARD: Es gab
doch auch Geldflüsse von der Telekom zur ÖVP.

Lopatka: Da muss
man exakt sein, das war zu einem späteren Zeitpunkt und nicht an die
Bundespartei, für die ich zuständig war. Auch das ist gerichtsanhängig. Ich
wehre mich gegen Vorverurteilungen, aber ich will auch keine Reinwaschungen
machen. Man kann nicht sagen, dass das, was da vorgefallen ist, ein besonderes
Merkmal dieser Regierung war. Es gibt nichts zu beschönigen, aber es hat auch
Konsequenzen gegeben. Spät, aber doch hat auch Martinz Konsequenzen gezogen.

STANDARD:
Mindestens ein Jahr zu spät. Hat Michael Spindelegger da nicht fahrlässig
gehandelt, weil er viel zu lange zugeschaut hat?

Lopatka: Wenn
Martinz allen sagt, dass hier keine Gelder geflossen sind …

STANDARD: Da saß
er schon auf der Anklagebank und war noch immer ÖVP-Chef.

Lopatka: Ja, da
haben Sie recht. Wir haben auch dazugelernt. Es darf in Zukunft kein
ÖVP-Politiker, der auf der Anklagebank sitzt, seine Spitzenfunktion weiter
ausüben. Glauben Sie mir, solche Situationen wird es bei uns in Zukunft nicht
mehr geben.

STANDARD: Was
kann Spindelegger auf Bundesebene machen?

Lopatka: Das, was
er jetzt tut.

STANDARD: Im
Mondsee tauchen?

Lopatka: Er macht
Urlaub, das ist nichts Verbotenes. Der Punkt ist der: Spindelegger hat dafür
gesorgt, dass wir diese gesetzlichen Maßnahmen im Parlament raschest mit dem
Koalitionspartner und den Grünen durchgesetzt haben. Außerdem weiß jetzt jeder
in der ÖVP, dass wir strengere Maßstäbe anlegen wollen als rechtlich notwendig.
Das mag von manchen belächelt werden, ist in einer solchen Situation aber ganz
sicher die richtige Antwort.

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